Tagung aus Anlass des 150. Todestags des Dichters und Orientalisten Friedrich Rückert vom 22. bis 25. September 2016 im Museum Otto Schäfer.
Eine Veranstaltung der Rückert-Gesellschaft e.V., des Museums Otto Schäfer und des Kulturamts der Stadt Schweinfurt.
Symposion aus Anlass des 150. Todestags des Dichters und Orientalisten Friedrich Rückert im Museum Otto Schäfer, Schweinfurt, 22.–25. September 2016
Organisation und Leitung: Prof. Dr. Ralf Georg Czapla, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Dr. phil. h. c. Rudolf Kreutner, Rückert-Gesellschaft e.V. und Projekt Rückert-Jahr 2016.
Am 31. Januar 2016 jährte sich der Todestag Friedrich Rückerts zum 150. Mal. Stadt Schweinfurt und Rückert-Gesellschaft haben angesichts dieses anstehenden Gedenkens beschlossen, besagtes Jahr zum „Rückert-Jahr“ auszurufen, um dem hier geborenen Dichter und Orientalisten ihre besondere Reverenz zu erweisen, zumal sich unter den überaus zahlreichen deutschen Dichtern und Denkern kein zweiter finden lässt, der mit seinem Werk so glaubwürdig für den heutzutage mehr als notwendigen interkulturellen Dialog steht wie Friedrich Rückert. Die Akzeptanz, die Rückert gerade in den arabischen Ländern findet, ist ein sinnfälliger Beweis dafür.
Friedrich Rückert zählt zweifellos zu den bedeutendsten Dichtern deutscher Sprache fränkischer Provenienz. Darüber hinaus gehört er mit seinen zahlreichen, literarisch bis heute unerreicht gebliebenen Übertragungen auch zu den bedeutendsten Mittlern zwischen den Literaturen des Orients und des Okzidents in Europa. Insgesamt 44 Sprachen verstand Rückert zu lesen. Im Studium von Sprachen entdeckte er eine Möglichkeit, sich fremde Kulturen zu erschließen. Es gibt kaum ein kulturell konstituierendes Werk der europäischen oder der orientalischen Literatur, das Rückert nicht zumindest in umfänglichen Auszügen kongenial ins Deutsche übertragen hätte. Dazu gehören u. a. das finnische Nationalepos „Kalevala“, der arabische „al-qur‘ān“ (القرآن), das persische Nationalepos „šāhnāmeh“ (شاهنامه), das indische Volksepos „mahābhārata“ (महाभारत) und das chinesische „shījīng“ (詩經), die älteste Gedichtsammlung der Welt überhaupt, die er sich zwar über das Lateinische, aber in visionärer Qualität erschloss.
Die Literaturwissenschaft hat Rückerts Übersetzungen und der Frage, inwieweit sie sich von denen anderer Gelehrter unterscheiden, bislang nur sporadisch Aufmerksamkeit geschenkt und dementsprechend nur Einzelstudien hervorgebracht. Monographien und Sammelbände fehlen, da nur wenige Wissenschaftler in der Lage sind, komparatistisch im Bereich der orientalischen und okzidentalischen Sprachen zu arbeiten. Die Tagung der Rückert-Gesellschaft gilt daher einem Forschungsdesiderat. Wird auf literarhistorischer Ebene erstmals der Versuch unternommen, Rückerts Übertragungen im Horizont eines im 18. Jahrhundert erwachenden und im 19. Jahrhundert sich entfaltenden Interesses an orientalischer Literatur zu verorten, so wird diese Perspektive ergänzt durch die religionswissenschaftliche und kulturgeschichtliche Beiträge, die sich u. a. auch mit der Popularisierung des Orientalismus etwa in der Abenteuerliteratur in den Blick nehmen. Der Dialog der verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen soll zu einem vertieften Verständnis des Phänomens des Orientalismus im Europa des 19. Jahrhunderts führen und in der Abschlußdiskussion letztendlich auch Möglichkeiten der Integration durch Literaturaustausch und -vermittlung ausloten.
Eingebettet ist das Symposion in eine Wanderausstellung zu Leben, Werk und Wirkung Friedrich Rückerts sowie zahlreiche Begleitveranstaltungen mit Vorträgen, Lesungen und Konzerten bis hin zu ergänzenden Ausstellungen.